Schullandheim wird zur Schule
Schritt für Schritt zur Normalität: "Juhuuuu! Endlich wieder Schule!" Den Eisfelder Viertklässlern ist die Freude anzusehen. Sie lernen seit Montag im Schullandheim Schirnrod. Schritt für Schritt sollen alle Grundschüler nun wieder gemeinsam lernen. Von Katja Wollschläger
Probenlager Tohuwabohu Im Schullandheim Schirnrod wird unterrichtet. Wie‘s für die Viertklässler läuft - davon überzeugt sich Vizelandrat Dirk Lindner. Fotos: frankphoto.de
Schirnrod - Für die Viertklässler der Grundschule Eisfeld hat nach langer Homeschooling-Zeit am Montag der "normale Unterricht" wieder begonnen. Glückliche Kinder, Mädchen und Jungen, die sich darauf freuen, wieder die Schulbank drücken zu können, hat Lehrerin Renate Hoffmann vor sich. Sie haben sich vermisst - die Schüler untereinander, aber auch Schüler und Lehrer. "Ich freu mich", ruft Anna, Kimberly stimmt ein, ist glücklich, ihre Freunde endlich wiederzusehen - und auch die Lehrer. "Ich möchte lernen", sagt sie. Auch Julian hat die Schule ganz schön gefehlt. Renate Hoffmann strahlt mit ihren Schützlingen um die Wette: "Eine Schule ohne Kinder, das ist was ganz Seltsames! Es ist schön, alle wiederzuhaben", sagt sie. Und es sei schön, im Schullandheim zu starten.
Vier Gruppen Die beiden vierten Klassen mit den insgesamt 32 Kindern sind in vier Gruppen aufgeteilt worden - und sie werden täglich von zwei Lehrern, zwei Erziehern und dem Personal des Schullandheims betreut. Unterrichtet wird in den Hauptfächern - täglich von 8 bis 12 Uhr. Doch auch darüber hinaus wird einiges angeboten. Die Unterrichtszeiten jeder Gruppe variieren - um auszuschließen, dass sich die Kinder im Haus oder auf dem Hof begegnen. Schon bei der Ankunft mit dem Bus geht‘s diszipliniert zu. Rote Linien sind auf den Hof gemalt worden - Abstandslinien. Dort heißt es für alle: Anstehen - bis die Hände desinfiziert werden können. Erst dann geht‘s in die Räume. Zum Unterricht.

Die Leiterin des Schullandheims Ina Gerloff ist ebenfalls glücklich: "Endlich sind wieder Kinder da!" Dort, wo eigentlich außerschulische Bildung stattfinden sollte, wird nun Schulstoff gelehrt. Doch so ungewöhnlich ist‘s doch nicht: Das Gebäude entstand 1915 - als alte Schule. "Außergewöhnliche Situationen verlangen ebensolche Maßnahmen", sagt der stellvertretende Landrat Dirk Lindner. Da momentan das Schullandheim nicht im eigentlichen Sinne genutzt werden kann - und die Grundschule Eisfeld, die saniert wird, an Grenzen gestoßen ist, musste man erfinderisch sein. Klar ist: Die Schule muss stufenweise "ans Netz" , die Kinder sollen wieder vor Ort unterrichtet werden. Dabei die Hygienevorgaben einzuhalten, das sei die Kunst. "In den Containern in Eisfeld ein Ding der Unmöglichkeit", sagt Lindner und lobt die Zusammenarbeit, die aus der Not heraus entstanden war: Lehrer, Elternvertreter, Stadt Eisfeld, Landratsamt, Kirche - alle gemeinsam fanden sie einen Weg. Einen, der wie Elternvertreter Christoph Bauer beschreibt, im Sinne aller ist. Lindner spricht von einer Win-Win-Situation. "Das Schullandheim wird belebt, der Bürgermeister kann etwas ruhiger schlafen, für die Eltern ist die lange Zeit der Ungewissheit vorbei. Und das Wichtigste: Die Kinder können wieder in die Schule.

Die Eisfelder Viertklässler haben das Schullandheim längst in Besitz genommen. Ihnen gefällt‘s. Den Lehrern ebenso. Die Idee, gerade das Schullandheim einzubinden, die hatte Renate Hoffmann. Nach einem Fernsehbeitrag über die schwierige Situation der Schullandheime ging ihr durch den Kopf, die Räume doch zu Unterrichtszwecken zu nutzen. Mit dieser Grundidee sei sie ans Lehrerteam herangetreten - und überzeugte. Detailliert arbeiteten die Lehrerin Simone Greiner-Petter-Memm, Elternvertreter Christoph Bauer und Eisfelds Bürgermeister Sven Gregor einen Plan aus. Einen Plan, der schließlich bei der Übergangsschulleiterin Susanne Beutel vom Staatlichen Schulamt Südthüringen aber auch im Landratsamt auf Wohlwollen stieß. "Allen Beteiligten ein riesengroßes Dankeschön", sagt Renate Hoffmann stellvertretend fürs Grundschulteam.

Bereits in der vergangenen Woche sei alles vorbereitet worden: Im Schullandheim wurden vier Klassenzimmer eingerichtet. Viele halfen mit, sodass am Montag alles für den etwas anderen "ersten Schultag" vorbereitet war. "Es fühlt sich echt gut an, dass wir jetzt tatsächlich hier in kleinen Gruppen lehren können - denn selbstverständlich war es anfangs nicht, dass wir hier einziehen dürfen. Wir freuen uns sehr über so viel Zusammenhalt und Einsatzbereitschaft von allen Seiten", hebt die Lehrerin hervor.
"Bus-Spende" Doch: Wenn die Schüler ihre Schule nicht erreichen können, dann funktioniert’s nicht. Auch das Thema Schülerbeförderung musste im Vorfeld detailliert geregelt werden. "Von Eisfeld aus nutzen die Viertklässler den normalen Linienverkehr", sagt Christoph Bauer. Für Kinder aus den Ortsteilen musste jedoch eine neue Lösung her. Und die fand sich schneller als gedacht: Das Autohaus Rennsteig in Neuhaus sponsert einen Bus. Geschäftsführer Holger Schmidt wohnt in Harras - und fühlt sich verbunden mit der Stadt Eisfeld. "Als die Anfrage kam, habe ich nicht lange überlegt - und den Kleinbus angeboten", sagt er. Denn als Vater könne er nachvollziehen, was die derzeitige Situation für Familien mit Kindern, die zu Hause beschult werden müssen, bedeute. Nahezu kostenfrei darf der Bus bis Schuljahresende genutzt werden. Die Stadt Eisfeld stellt den Fahrer - und die Ortsteil-Kinder werden abgeholt und wieder nach Hause gebracht.

Landkreis, Schule und Stadt haben zusammengearbeitet - und so konnte die Schule für die Viertklässler beginnen. In den nächsten Wochen werden alle anderen Klassen ebenfalls starten. Doch eines wünscht sich Eisfelds Bürgermeister Sven Gregor: Dass an einer Lösung gearbeitet werde um Lehrer und Erzieher regelmäßig auf das Corona-Virus hin zu testen. "Die Gefahr ist, dass man die Erkrankung oft nicht merkt - und dann zum Überträger wird." Es gehe ihm um höchstmögliche Sicherheit. "Sicherlich bedeutet das finanziellen Aufwand. Doch der ist meiner Ansicht nach nötig", so Gregor.

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